Sunday, 4 December 2016

Wenn etwas mir vom Fenster fällt
Rainer Maria Rilke


Wenn etwas mir vom Fenster fällt

(und wenn es auch das Kleinste wäre)
wie stürzt sich das Gesetz der Schwere
gewaltig wie ein Wind vom Meere
auf jeden Ball und jede Beere
und trägt sie in den Kern der Welt.

Ein jedes Ding ist überwacht

von einer flugbereiten Güte
wie jeder Stein und jede Blüte
und jedes kleine Kind bei Nacht.
Nu wir, in unsrer Hoffahrt, drängen
aus einigen Zusammenhängen
in einer Freiheit leeren Raum,
statt, klugen Kräften hingegeben,
uns aufzuheben wie ein Baum.
Statt in die weitesten Geleise
sich still und willig einzureihen,
verknüpft man sich auf manche Weise, —
und wer sich ausschließt jedem Kreise,
ist jetzt so namenlos allein.

Da muss er lernen von den Dingen,

anfangen wieder wie ein Kind,
weil sie, die Gott am Herzen hingen,
nicht von ihm fortgegangen sind.
Eins muss er wieder können: fallen,
geduldig in der Schwere ruhn,
der sich vermaß, den Vögeln allen
im Fliegen es zuvorzutun.

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How surely gravity's law

Rainer Maria Rilke


How surely gravity's law,

strong as an ocean current,
takes hold of the smallest thing
and pulls it toward the heart of the world.

Each thing—

each stone, blossom, child—
is held in place.
Only we, in our arrogance,
push out beyond what we each belong to
for some empty freedom.

If we surrendered

to earth's intelligence
we could rise up rooted, like trees.

Instead we entangle ourselves

in knots of our own making
and struggle, lonely and confused.

So like children, we begin again

to learn from the things,
because they are in God's heart;
they have never left him.

This is what the things can teach us:

to fall,
patiently to trust our heaviness.
Even a bird has to do that
before he can fly.

Translated by Anita Barrows and Joanna Macy


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